Vom Studenten zum Printmedienpraktiker
Vor 11 Jahren zog ich wegen der Liebe in die Schweiz. Es war von vornherein klar, dass meine bisherigen Studienleistungen aus Mexiko von den Schweizer Universitäten nicht anerkannt wurden. Stattdessen arbeitete ich in verschiedenen Jobs, bis ich bei der Lehrstellensuche vom Berufsberatungszentrum BIZ auf das Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung» aufmerksam gemacht wurde. Seit diesem Sommer mache ich nun eine Ausbildung zum Printmedienpraktiker EBA.
Damit ich in der Schweiz mein Studium in «Internationale Beziehungen» abschliessen könnte, wäre eine Prüfung und ein vierjähriges Studium nötig. Vor 11 Jahren schien mir dieser Aufwand viel zu gross. Nicht nur wegen der Zeit, sondern auch, weil ich damals noch kaum Deutsch sprach. Deshalb habe ich zuerst einen Sprachkurs besucht und war eine Zeit lang Hausmann. Doch ich wollte arbeiten.
Erste Arbeitserfahrungen in der Schweiz
Es war sehr schwierig für mich, in der Schweiz Arbeit zu finden. Als erster Arbeitsversuch durfte ich ein paar Tage als Tellerwäscher in einem Restaurant arbeiten, zu einer Anstellung kam es aus verschiedenen Gründen jedoch nicht. Nach zweieinhalb Jahren Arbeitslosigkeit gab mir der damalige Arbeitgeber meiner Frau eine Chance und ich konnte als Lager- und Hilfsarbeiter in einer Lüftungsfirma beginnen. Dort montierte ich zusammen mit Fachkräften Lüftungssysteme, kümmerte mich um die Ordnung im Lager und machte Inventar. Die Arbeitszeiten waren jedoch unregelmässig und die Firma entschied von Tag zu Tag, ob sie mich brauchten oder nicht. Wichtig war, dass ich nun auf dem Lebenslauf endlich eine Referenzperson angeben konnte. Schliesslich erhielt ich eine feste Stelle als Endmonteur bei der Bigla AG, einem Büromöbelhersteller. Zwei Jahre später wurde Bigla AG jedoch verkauft und die Produktion an den Standort der neuen Firma verlegt. Ich musste mich also erneut bewerben und war dankbar, eine Anstellung als Endmonteur bei der neuen Firma erhalten zu haben. Die Arbeit bei der neuen Firma war deutlich stressiger und belastender. Ich fühlte mich als Arbeitnehmer wenig wertgeschätzt. In dieser Zeit wuchs mein Wunsch nach einer abgeschlossenen Ausbildung. Ich sehnte mich nach Sicherheit und besseren Zukunftschancen.
Eine Erstausbildung ist in der Schweiz wichtig
Ein befreundeter Pfarrer begleitete mich zu mehreren Terminen im Berufsberatungszentrum BIZ. Dort erzählte man mir vom Projekt «2. Chance auf eine 1. Ausbildung». Der Berater empfahl mir, mich für das Projekt zu bewerben und den allgemeinbildenden Unterricht (ABU) für Erwachsene an der BFF zu besuchen, um mich auf eine Ausbildung vorzubereiten. Während ich weiterhin 80 % arbeitete, ging ich freitags zur Schule. Da der Druck mit ABU und stressigem Job zu stark wurde, kündigte ich meine Arbeitsstelle und setzte alle Karten auf die Lehrstellensuche und einen erfolgreichen ABU-Abschluss.
Die Berufswahl und die Lehrstellensuche waren schwierig
Die Lehrstellensuche war eine grosse Herausforderung: Ich spielte mit dem Gedanken ICT-Fachmann zu werden und schnupperte in den Berufen Kunststoffpraktiker, Detailhandelsfachmann, Fachmann Gesundheit und der Druckerbranche. Trotz vieler Bewerbungen erhielt ich nur Absagen. Als ich fast aufgab, fand meine Frau eine offene Lehrstelle bei der Druckerei Jordi in Belp. Nach drei Tagen Schnuppern erhielt ich die Zusage für die Ausbildung zum Druckausrüster EFZ. Das war ein grosser Erfolg für uns.
Von der EFZ- zur EBA-Ausbildung
Der Ausbildungsstart zum Druckausrüster war überfordernd für mich, vor allem wegen der Unterrichtssprache Deutsch. Wegen der vielen Prüfungen und meiner begrenzten Lernzeit schlug mein Lehrer nach den ersten Monaten vor, lieber zuerst eine EBA-Ausbildung zu machen. Nach Gesprächen mit der Druckerei Jordi wechselte ich die Klasse und begann vor Kurzem die zweijährige Ausbildung zum Printmedienpraktiker EBA. Der Wechsel ist gut für mich, da die Themen allgemeiner und das Lerntempo langsamer sind. Mein Ziel bleibt, eine Erstausbildung abzuschliessen – vielleicht mache ich später noch die EFZ-Ausbildung.